Selbstliebe
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Self Love: Wie du lernst, dich selbst zu lieben
Alle betonen, dass man sich so akzeptieren sollte, wie man ist. Doch das ist leichter gesagt als getan. Und ist in einer Gesellschaft, die von Selbstdarstellung geprägt ist, wirklich noch mehr Selbstliebe notwendig?
Linda Babst
27.09.2024
"Love yourself first" und "Liebe deine Schwächen". Die Vielzahl an Selflove-Zitaten und Appellen verspricht: Selbstliebe ist der Schlüssel zum Glück. Zugegeben, das klingt verlockend!
Doch seien wir mal ehrlich: Wie sollen wir uns selbst lieben, wenn wir im Internet täglich mit perfekten Bildern und vermeintlich makellosen Leben konfrontiert werden? Diese Idealbilder führen oft dazu, dass wir unser eigenes Leben und uns selbst hinterfragen. Ist uneingeschränkte Selbstliebe unter diesen Umständen überhaupt möglich? Das wollen wir hier gemeinsam erkunden.
Was ist Selbstliebe überhaupt?
Was ist eine brauchbare Definition des Begriffs "Selbstliebe"? Im Grunde ist das ganz einfach: Das eigene Selbst so lieben, wie es ist. Uneingeschränkt, mit allen Macken, Makeln und Fehlern, an guten wie an schlechten Tagen. Wie man das eben macht bei Menschen, die man liebt! Man kann ihnen ruhig mal böse sein oder sich über sie ärgern, aber am Ende des Tages liebt man sie eben trotzdem. Oder gerade deswegen.
Doch beim eigenen Selbst fällt das mit dem "alle Makel und Fehler" annehmen leider gar nicht leicht. Zu hoch ist da oft der Anspruch! Und zu oft strahlt dir überall die künstliche Makellosigkeit ins Gesicht, von der einige dich weismachen wollen, sie existiere wirklich. Gerne heißt es, du musst doch nur ein klitzekleines Bisschen in deine Selbstoptimierung investieren und schwupps – schon gehörst du dazu, zum erlesenen Kreis der Schönen und Begehrenswerten. Du hast es also selbst in der Hand, ob du schön und sexy bist. Wenn du nicht mitmachst, bist du halt selbst schuld! Na, ganz toll! So klappt das mit der Selbstliebe natürlich nicht.
Warum fällt Selbstliebe so schwer?
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Auf Social Media werden vermeintlich perfekte Leben gezeigt - sich mit diesen zu messen macht unglücklich und schadet dem Selbstwert
Fakt ist: Inzwischen belegen etliche Studien, dass der permanente Vergleich mit anderen unglücklich macht und dein Selbstbild in Mitleidenschaft zieht. Eine Studie des dänischen Happiness Research Institute beispielsweise zeigt: Wer sich Tag für Tag durch die Postings in sozialen Netzwerken scrollt, ist am Ende vor allem neidisch und fühlt sich unzulänglich. Statt Feelgood entsteht ein Fühl-dich-mies-Effekt, nach dem Motto "Hey Loser-Ich, warum sitzt du nicht am Strand und schlürfst Cocktails wie deine Nachbarin mit der tollen Wohnzimmereinrichtung?" Der Social-Media-Konsum bringt demnach keine Inspiration, sondern die ernüchternde Erkenntnis, dass alle ein cooles, aufregendes Leben hätten, nur du selbst eben leider nicht.
Also Schluss mit Vergleichen! Stattdessen: stärkerer Fokus auf dich selbst. Doch läufst du damit nicht Gefahr, dich selbst zu sehr über alle anderen zu stellen? Wo liegt der Unterschied zwischen gesunder Selbstliebe und dem völlig übersteigerten Glorifizieren der eigenen Person? Immerhin sprechen nicht wenige Wissenschaftler:innen inzwischen von einem "Zeitalter der Narzisst:innen", in dem sich bereits Heranwachsende grenzenlos selbst feiern und in Szene setzen.
Selbstliebe bedeutet nicht Selbstverliebtheit!
"Narzissmus ist eine auffällige Selbstverliebtheit und übertriebene Selbstbezogenheit", erklärt Anne Heintze, Therapeutin und Gründerin der Open-Mind-Akademie. "Narzisstische Menschen befassen sich vor allem mit sich selbst und interessieren sich nicht für andere. Sie überschätzen sich maßlos und haben eine überzogene Anspruchshaltung."
Selbstliebe hingegen sei das Annehmen der eigenen Persönlichkeit, die Akzeptanz dessen, was und wie man ist. "Selbstliebe bedeutet, sich selbst zu vertrauen, sich selbst zu achten und den eigenen Wert schätzen zu lernen. Selbstakzeptanz spielt dabei eine entscheidende Rolle", so Heintze.
Das richtige Maß an Selbstkritik
Dass gestärkte Selbstliebe letztlich also in zu großer Selbstverliebtheit oder gar narzisstischen Zügen endet, ist also unwahrscheinlich. Dennoch teilen heutzutage sehr viele Frauen diese Sorge. Ein Beispiel: Eine britische Linguistik-Studie zeigte, dass Männer in 90 Prozent der Fälle Witze auf Kosten anderer machen. 70 Prozent der Frauen ziehen dagegen immer nur sich selbst durch den Kakao.
"Dass Frauen sich vor anderen kleiner machen, hat eigentlich das Ziel, positiv zu wirken", erklärt Persönlichkeitscoach Kim Fleckenstein. Hört sich im ersten Moment vielleicht paradox an, ist aber evolutionär in uns verankert. Im Laufe der menschlichen Entwicklung waren Männer lange Zeit auf den Wettbewerb mit anderen gepolt, Frauen hingegen hatten schon immer einen stärker ausgeprägten Gemeinschaftssinn. Für sie ist es – offensichtlich bis heute – wichtig, wenig bedrohlich auf andere zu wirken und eine möglichst große Community um sich herum aufbauen zu können. Wer andere hinter die Fassade schauen lässt ("Ich war wirklich noch nie gut darin, eine Präsentation zu halten"), reißt damit Mauern ein und wirkt liebenswert.
Die Evolution macht in diesem Punkt das Leben jedoch leider unnötig schwer. Denn wenn wir uns die Ergebnisse einer Selbstliebe-Umfrage (Women’s Health International) anschauen, glauben 67 Prozent der befragten Frauen, dass Menschen, die sich selbst lieben, auch von anderen positiver wahrgenommen werden. Gerade einmal 3 Prozent finden, dass Menschen, die sich selbst annehmen und lieben, arrogant wirken. Und 77 Prozent gaben an, noch nie von anderen Menschen selbstverliebt genannt worden zu sein. Ergo: Sich selbst zu lieben ist kein Verbrechen, sondern macht obendrein auch noch sympathisch.
Warum ist Selbstliebe so wichtig?
Durch die Liebe zum eigenen Selbst steht man vor anderen also besser da, denn sie verleiht Selbstbewusstsein und Ausstrahlung, was ganz einfach daran liegt, dass man sich selbst wichtig ist und sich um die eigenen Bedürfnisse und Wünsche kümmert. Ob um den eigenen Körper, mit ausgewogener Ernährung, Bewegung und Fürsorge, oder die eigene Psyche, mit Herausforderungen sowie auch Pausen, mit sozialen Kontakten sowie Hobbys.
Dieses Kümmern und diese Fürsorge sind das, was zu mehr Zufriedenheit mit sich selbst führt und somit zu weniger Angst vor Ablehnung oder fehlender Anerkennung. Wer sich selbst liebt, hat nicht das Bedürfnis, sich für andere verbiegen zu müssen, ist somit emotional stabiler und auch unabhängiger und geht allgemein offener und stärker durchs Leben.
Wie lernt man, sich selbst zu lieben? 7 Tipps
Nun gut, also her mit der Selbstliebe. Doch wie geht das denn jetzt eigentlich, sich selbst zu lieben? Zugegeben, es gibt kein Patentrezept, das es ganz easy macht, sofort tief in sich zu ruhen und Liebe aus jeder Pore zu verströmen. Aber es gibt ein paar kluge Tipps, die all denjenigen den Weg ebnen können, deren Selbstliebe-Level noch einen kleinen Schubs nach oben vertragen könnte. Also: Nur Mut – du bist toll!
1. Hör auf, dich zu vergleichen
Diese ganze Selbstinszenierung auf Instagram & Co. wird dir manchmal zu viel? Dann entfolge einfach den Personen, die dir ein ungutes Gefühl vermitteln. Sei es, weil du spürst, wie Neid in dir aufkommt oder Wut auf dich selbst, weil du vielleicht nicht so einen tollen trainierten Körper oder so eine hübsch eingerichtete Wohnung hast. Vergleiche mit Promis hinken, da das Bild, das sie im Netz vermitteln, a) oft nicht ganz echt ist und b) nicht automatisch erstrebenswerte Ziele darstellt.
2. Strebe nicht nach Perfektion
Du musst nicht perfekt sein. Weder für dich noch für andere. Oder erwartest du von deinem Umfeld immer 100 Prozent? Wahrscheinlich nicht, weil du weißt, dass es das nicht gibt. Warum bist du dann so streng mit dir selbst? Lieber locker lassen getreu dem Motto: "Perfect is boring, human is beautiful!"
3. Trau dich mal etwas
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Neues wagen steigert den Selbstwert und ebnet so den Weg zu mehr Selbstliebe
Was wolltest du schon immer tun, hast es aber bislang auf die lange Bank geschoben? Egal, um welche Herausforderung es sich letztlich handelt – geh es an, stecke all deine Kraft und dein Herzblut hinein und koste am Ende das nicht zu unterschätzende Gefühl aus, dein Ziel erreicht zu haben!
4. Stapele nicht so tief
Egal, ob im Lebenslauf oder beim Onlinedating-Profil: Stell dein Licht nicht unter den Scheffel. Du bist jemand, du kannst was, und das dürfen ruhig alle wissen. Und hör bitte sofort auf, dich selbst herunterzuputzen. Sätze wie "Nie mache ich was richtig" streichst du am besten sofort aus deinem Repertoire. Push dich stattdessen lieber, lobe dich häufiger mal oder beginne zumindest mit "Das kann ich noch nicht so gut." Spreche zu dir selbst am besten so, wie du auch zu einer guten Freundin sprechen würdest! So bist du dir selbst deine beste Freundin.
5. Setze Grenzen
Zu allem "Ja" sagen, nur anderen zuliebe, führt zu schlechter Laune und Frust und letztlich auch zu fehlender Zeit, die lieber für sich selbst investiert werden sollte. Am Ende ärgert man sich dann nur über sich selbst. Deswegen: Auch ein Nein ganz ohne Erklärung darf sein. Du fühlst dich nicht gut und brauchst Zeit für dich? Dann sag es, und erfinde keine Ausreden. Höre auf dich und deinen Körper. Auch das ist Selbstliebe.
6. Tu dir etwas Gutes
Du darfst dir guten Gewissens immer wieder Dinge gönnen. Und das nicht nur als Belohnung, wenn du vorher etwas geschafft hast oder als Trost, für Liebeskummer oder sonstiges Leid. Gönn dir Auszeiten einfach so! Stunden der Ruhe oder kleine Abenteuer, vielleicht auch einfach einen Serien-Marathon, selbst wenn die Wohnung geputzt werden will, einen leckeren Nachtisch, das neue Paar Schuhe. Was es auch sein mag – du verdienst es, einfach, weil du du bist.
7. Sei die, die du sein willst
Manchmal kann man sich selbst nicht besonders gut leiden, weil man einen Lebensweg eingeschlagen hat, der nicht der "richtige" ist. Dann stellt man plötzlich fest, dass man im falschen Job sitzt oder mit dem oder der falschen Partner:in zusammen lebt. Und jetzt? Alles umwerfen, alles neu machen? Die unbequeme Antwort lautet: wahrscheinlich ja. Gehe in dich und frage dich, was du wirklich vom Leben erwartest und in welchem Leben du dich wirklich wohlfühlen würdest. Das funktioniert nicht beim 5-minütigen Brainstorming, sondern dauert ein paar Wochen oder Monate – und es ist schmerzhaft. Aber es lohnt sich!
Warum ist Selbstliebe in einer Beziehung wichtig?
"Nur wer sich selbst liebt, kann auch andere lieben." – Ein Satz, der immer wieder fällt, besonders dann, wenn es mit der großen Liebe irgendwie nicht klappen will. Langversion: "Lerne erst mal, dich selbst zu lieben. Dann bist du auch bereit, Liebe zu geben und zu bekommen." Klingt nach einer Weisheit von Oma und irgendwie eine Spur spirituell.
So ganz unwahr ist der Satz aber nicht. "Die Akzeptanz der eigenen Person ist der erste Schritt, Akzeptanz durch andere zu erlangen", weiß Therapeutin Anne Heintze. Jedoch musst du dich nicht bedingungslos und durchgehend selbst lieben, um einerseits andere lieben zu können und andererseits Liebe von anderen zu verdienen! Die verdienst du immer, ganz unabhängig davon, wie du zu dir selbst stehst.
Tatsache ist jedoch, dass Selbstliebe in Beziehungen starke positive Auswirkungen hat. Liebt man sich selbst nicht, fragt man sich auch schnell, warum andere einen lieben sollten, was zu Selbstzweifeln und stetiger Verlustangst führt. Der erste Schritt zur Selbstliebe: Selbstmitgefühl.
Laut der oben genannten Umfrage haben sich ganze 60 Prozent der Teilnehmerinnen schon einmal die Frage gestellt, wie es sein kann, dass sie in ihrer Beziehung geliebt werden und jemand wirklich mit ihnen zusammen sein will. Knapp 20 Prozent sagten, sie hätten diese Gedanken andauernd. Diese Gedanken sind Gift für dich selbst und für deine Beziehung. Du musst für dich selbst wissen, wie toll und liebenswert du bist, ganz ohne Bedingungen! "Du musst anderen keinen Gefallen tun, damit sie dich achten. Sie sollen dich lieben, weil du bist, wie du bist, und nicht, obwohl du so bist, wie du bist", sagt die Expertin. Goldrichtig!
Selbstliebe ist keine narzisstische Selbstverliebtheit, sondern das wertschätzende Annehmen der eigenen Persönlichkeit mit all ihren Macken und Eigenheiten. Akzeptiere dich so, wie du bist, und du wirst ein schöneres, entspannteres und ehrlicheres Leben führen!
Quellenverzeichnis:
Tromholt M. The Facebook Experiment: Quitting Facebook Leads to Higher Levels of Well-Being. Cyberpsychol Behav Soc Netw. 2016 Nov;19(11):661-666. doi: 10.1089/cyber.2016.0259. PMID: 27831756, zuletzt abgerufen am 13.09.2024
Who wants to be the leader? The discursive construction of emerging leadership in differently gendered teams. Judith Baxter. School of Social Sciences and Humanities. Aston Centre for Applied Linguistics (ACAL). Journal of Business Communication. 24 Apr 2014. doi: 10.1177/2329488414525460, zuletzt abgerufen am 13.09.2024